Ein Buch von Ilse Korotin.
Mit der Biografie der am Institut für Philosophie der Universität Wien ab 1917 wirkenden Philosophin und Bibliothekarin Amalia Rosenblüth soll das Leben einer engagierten Frau, deren Lebenspläne spätestens ab 1938 durch ein mörderisches Regime willkürlich zerstört wurden, in Erinnerung gebracht werden. Zum anderen ist diese Studie aber auch bestrebt, Mosaiksteine einzufügen in die offizielle Wissenschaftsgeschichtsschreibung, aus der Frauen bislang oftmals ausgeschlossen waren. Amalia Rosenblüth war bereits 56 Jahre alt, als sie – durch die Nationalsozialisten ihrer Existenzgrundlage beraubt und aus Wien vertrieben – 1948, nach Jahren der Flucht und des Versteckens, in die USA emigrierte.
Sie hatte beinahe alles verloren: ihre Schwester Rosa und ihre Freundinnen, mit denen sie bis zuletzt zusammenlebte, die Schriftstellerin Thekla Merwin und deren Tochter, die Juristin Martha Merwin, wurden in Auschwitz ermordet. Das Haus, in dem ihre Familie jahrzehntelang gelebt hatte, war zerbombt. Niemand kam auf die Idee, die Philosophin zumindest auf ihre ehemalige Bibliothekarinnen-Stelle am Institut für Philosophie der Universität Wien zurückzuholen. Nach Jahren der beruflichen und finanziellen Unsicherheit fand Amalia Rosenblüth schließlich eine Anstellung an der Bibliothek der University of Washington in Seattle, die sie bis zu ihrem 84. Lebensjahr innehatte. Aufgrund der spärlich vorhandenen persönlichen Dokumente und des Mangels an zu besprechenden Veröffentlichungen der Philosophin – selbst die Dissertation gilt als verschollen – bietet diese Studie die Möglichkeit, in Exkursen ein breites Spektrum an Themen zu diskutieren, die in mehr oder weniger engem Zusammenhang mit den jeweiligen zeitgeschichtlichen Ereignissen stehen, seien dies politische, kulturelle oder wissenschaftsorientierte Belange, welche aber durchaus auf bislang nicht bedachte „Nebenschauplätze“ aufmerksam machen, die das gesellschaftspolitische Leben in Österreich wesentlich geprägt haben.