ABGESAGT: Stefi Kiesler: eine Bibliothekarin als »geistiger Refugee Service«

Datum/Zeit
​Di 29/01/2019
18:30–20:30

Ort
IWK

Typ
Vortrag

Der Vortrag muss leider aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden.

»Als sich Europa in den dreissiger Jahren immer mehr den geistigen Menschen aus Deutschland versperrte, bildete sich in New York für die, die nach Amerika kamen, ein Ein-Mann-Hilfskomitee. Es bestand aus Steffi Kiesler, die die deutsche und französische Abteilung der N.Y. Public Library leitete. Ihr Tisch in der 42. Strasse wurde zu einem Dorfbrunnen, an dem sich Schriftsteller und Journalisten trafen. Sie trafen sich hier, wie früher einmal in den Kaffeehäusern.« (Ludwig Wronkow)

Stefi Kiesler (1897-1963) hatte es bereits 1926 zusammen mit ihrem Ehemann, dem avantgardistischen Künstler und Architekten Friedrich Kiesler, von Wien über Paris nach New York verschlagen. Weil die Projekte ihres Mannes nicht zum gemeinsamen Lebenserhalt ausreichten, gab sie ihr eigenes künstlerisches Schaffen auf und nahm 1927 eine Stelle in der New York Public Library an. Dort war sie über dreißig Jahre lang mit der Leitung der deutsch- und französischsprachigen Sammlungen betraut.

In den 1930er Jahren wurde die Bibliothekarin Stefi Kiesler mit Eintreffen der ersten politischen Flüchtlinge aus Europa zur wichtigen Anlaufstelle, zum »geistigen Refugee Service für die deutschen Gelehrten und Schriftsteller« (Manfred George). Sie zeigte den traumatisierten Dichtern, dass ihre in der Heimat verbrannten Werke immer noch in Bibliotheksregalen zu finden waren, und bemühte sich um die Vermittlung mit Verlegern in den Vereinigten Staaten. Nebenbei arbeitete sie an Kurzgeschichten, Übersetzungen und einer (unvollendeten) Anthologie zu Traumdarstellungen in der Literatur. Nach ihrer Pensionierung arbeitete Stefi Kiesler bei der deutsch-jüdischen Zeitschrift »Aufbau« und schrieb Theater-, Film- und Literaturkritiken.

Der Vortrag stellt diese faszinierende, doch bislang von der Forschung weitgehend übersehene Persönlichkeit vor.

Vortragende: Jill Meißner-Wolfbeisser

Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Wien und Århus Universitet. Seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Österreichischen Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung in Wien (derzeit in Karenz). Laufendes Dissertationsprojekt an der Universität Wien zu Stefi Kiesler und der deutschsprachigen Literatur-Community im New Yorker Exil während des Zweiten Weltkriegs.