Literatur und Philosophie in Lateinamerika

Datum/Zeit
​Mi 22/11/2023
19:00–21:00

Ort
Universität Wien Hauptgebäude, Seminarraum 7, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5

Typ
Vortrag

Vortragsreihe Literatur, Kunst und interkulturelle Philosophie im Dialog

 

Stefan LessmannCaliban und der Mönch. Zur Poetik des Widerstandes in der kubanischen Literatur der 1960er Jahre

Welche literarische Form und Symbolik sind geeignet, antikolonialen Widerstand darzustellen? Diese Frage führt zu einer Debatte auf Kuba in den späten 1960er Jahren, in der die Suche nach literarischer Gestaltung vor dem Hintergrund der geopolitischen Gemengelage des Kalten Krieges durchgeführt wurde. Schriftsteller wie Roberto Fernández Retamar (1930-2019) stellen sich in die Tradition kreativer Aneignungsprozesse aus dem Werk Shakespeares und positionieren die dramatische Person Caliban als Fürsprecher einer lateinamerikanischen Politik, die in einer explizit sozial engagierten und realistischen Poetik ihren Ausdruck finden soll. Im Gegensatz dazu widmet Reinaldo Arenas (1943-1990) einer historischen Person der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, dem Dominikanermönch Fray Servando, einen ironischen Roman in postmoderner Ausführung. Mein Vortrag gilt der Darstellung beider Linien der kubanischen Literatur, ihrem gewaltvollen Konflikt, und soll zu einem Austausch über literarische Techniken, symbolische Aneignung und antikolonialen Widerstand in Kultur und Politik führen.

Stefan Lessmann ist Doktorand in Vergleichender Literaturwissenschaft an der Yale University. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Fiktion und Romantheorie, Cultural Studies, dekoloniale Theorien, Queer Theory und Sexualitätsgeschichte im deutschsprachigen und lateinamerikanischen Raum. Studienabschlüsse an der Universität Wien in Vergleichender Literaturwissenschaft und Philosophie. (Mitglied der WiGiP)

 

Julio MendívilZorro de arriba? Arguedas als Ethnologe

José María Arguedas ist einer der einflussreichsten Autoren der peruanischen Belletristik und der Ethnologie. Während sein literarisches Werk weithin untersucht worden ist, ist sein ethnologisches Werk bisher nicht Gegenstand eingehender Reflexionen gewesen. In diesem Vortrag werden die Strategien der Produktion ethnologischer Autorität aufgezeigt, die Arguedas in seinen Texten praktizierte, um so seinen Beitrag zum lateinamerikanischen dekolonialen Denken zu diskutieren.

 

Julio Mendívil (geb. in Lima/Peru) ist Professor für Musikethnologie an der Universität Wien. 2007 Promotion in Köln, 2010 Habilitation an der Hochschule für Musik und Theater. In der Folge Professuren in Köln und Frankfurt am Main.

Publikationen: Ein musikalisches Stück Heimat (2008, Transcript, Bielefeld); Del Juju al Uauco. Un ensayo arqueomusicológico de las flautas globulares cerradas de cráneo de cérvido en la región Chinchaysuyu del Imperio de los Incas (2010, Abya Yala, Ecuador); En contra de la música (2016, 2020, 2023, Gourmet Musical, Argentinien); Cuentos Fabulosos. La invención de la música incaica y el nacimiento de la música andina como objeto de estudio etnomusicológico (2018, Universidad Católica del Perú).