Sarhan Dhouib: Intoleranz und Toleranz in der arabischen Moderne

Datum/Zeit
​Di 12/04/2016
19:00–21:00

Ort
Institut für Orientalistik

Typ
Vortrag

In diesem Vortrag geht es um eine Analyse der beiden Begriffe Intoleranz (Taʿaṣṣub) und Toleranz (Tasāhul bzw. Tasāmuḥ) in ihrem philologischen und ideengeschichtlichen Kontext. Das arabische Wort Taʿaṣṣub ist nicht unbedingt eine Negation der Toleranz (Intoleranz), sondern verfügt über seine eigene Semantik. Bei Ğamāl Addīn Al-Afġānī (1838–1897) und Muḥammad ʿAbduh (1849–1905) z.B. wird der Begriff nicht abwertend behandelt. Beide Autoren – sie gelten als große Reformisten des modernen Islam – plädieren sogar für eine Form von Intoleranz. Aber kann man Intoleranz überhaupt rechtfertigen? Der zweite Teil des Vortrags wendet sich einigen Rechtfertigungsstrategien des Toleranzbegriffes bei arabischen Autoren wie Amīn Rayḥānī (1876–1940) zu. Dabei wird geprüft, welches arabische Wort dem europäischen Wort »Toleranz« entsprechen könnte. Das Wort Tasāhul, das von Adīb Isḥāq (1856–1885) für die Übersetzung des französischen tolérance vorgeschlagen wurde, prägte die Diskussion an der Wende zum 20. Jahrhundert. Das heute verwendete Tasāmuḥ ist jedoch ein erst später entwickelter Terminus. Der letzte Teil des Vortrags widmet sich einigen normativen Aspekten der Debatte und versucht eine Öffnung hin zu einer inter- und transkulturellen Theorie.

Sarhan Dhouib: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Kassel.