Postdemokratie und die Verleugnung des Politischen

Datum/Zeit
​Fr 23/11/2012–​So 25/11/2012
10:00–18:00

Ort
Depot

Typ
Tagung

Als institutionelle Struktur, normativer Anspruch und Lebensform befindet sich Demokratie seit längerem in einer Krise – durch das Abtreten von politischen Entscheidungen an nicht demokratisch legitimierte Institutionen, die Hegemonie der Ökonomie und das Sich-bestimmen-Lassen von den Finanzmärkten, den Abbau des Sozial- bei gleichzeitiger Aufrüstung zu einem Sicherheitsstaat. Vor diesem Hintergrund konnten Autoren wie Zygmunt Bauman von der “Bedeutungslosigkeit” heutiger Politik, Cornelius Castoriadis von der “complete atrophy of political imagination”, Chantal Mouffe von der Verleugnung des Politischen oder Jacques Rancière und Colin Crouch von “Postdemokratie” sprechen.

Auf diese Situation reagiert das politische Denken der radikalen Demokratie, das verbunden ist mit AutorInnen wie Claude Lefort, Cornelius Castoriadis, Ernesto Laclau, Chantal Mouffe, Étienne Balibar, Jacques Rancière, Jacques Derrida, Judith Butler u.a., dessen entschieden politischer wie philosophischer Beitrag sich auf die Formulierung einer Demokratietheorie richtet, die der gegenwärtigen Legitimationskrise westlicher Demokratien Rechnung trägt. Für diese Theorien bleibt die Demokratie in einem wesentlichen Sinne grundlos: Sie kann selbst nur durch demokratische Praxis legitimiert werden. Vor diesem Hintergrund möchte die Tagung vor allem die oben genannte Zeitdiagnose der Postdemokratie bzw. der Verleugnung des Politischen zur Diskussion stellen: Was bedeutet diese Diagnose, wie weit trägt sie? Was bringt sie zum Vorschein, was übergeht sie?

Programm

Freitag, 23.11.2012

  • 15.45–17.00 Uhr: Felix Trautmann (Basel): Die unsichtbare Ideologie der Post-Demokratie. Claude Lefort und die Kritik der Allsagbarkeit
  • 17.15–18.30 Uhr: Andreas Hetzel (Darmstadt): Das demokratische Begehren
  • 19.00–20.15 Uhr: Stefanie Wöhl (Wien/Berlin): Die Krise der repräsentativen Demokratie in der Europäischen Union

Samstag, 24.11.2012

  •  9.30–10.45 Uhr: Hans Pühretmayer (Wien): Poulantzas’ Theorie des autoritären Etatismus: eine materialistisch-poststrukturalistische Konzeption von Postdemokratie
  • 11.00–12.15 Uhr: Liza Mattutat, Lea Klasen (Darmstadt): Wie ist der Demos? Jacques Rancière zum Verhältnis von Demos und Demokratie
  • 14.15–15.30 Uhr: Marc Rölli (Istanbul): Krise und Kritik oder Bemerkungen zu einer »mikropolitischen« Idee der Demokratie
  • 15.45–17.00 Uhr: Alice Pechriggl (Klagenfurt): Demokratie und R/evolution/en
  • 17.30–18.45 Uhr: Oliver Marchart (Düsseldorf): Die Bresche. Protest und demokratische Ethik unter Bedingungen der Post-Demokratie
  • 19.00–20.15 Uhr: Cornelia Bruell (Wien): Das Politische im Zeitalter der Hysterie. Über die Beziehung von Macht, Hegemonie und Begehren

Sonntag, 25.11.2012

  • 9.30–10.45 Uhr: Hakan Gürses (Wien): Das Politische in der politischen Bildung
  • 11.00–12.15 Uhr:  Marie-Christine Kajewski (Hannover): Demokratiepassion
  • 12.45–14.00 Uhr: Andreas Oberprantacher (Innsbruck): Demos ohne Polis. Aufbegehren in Zonen postdemokratischer Indifferenz

Vortragende

Cornelia Bruell: Politikwissenschafterin; Dozentin am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaften an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
Hakan Gürses: wissenschaftlicher Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung, 1997–2011 Lektor und Gastprofessor für Philosophie an der Universität Wien.
Andreas Hetzel: Privatdozent am Institut für Philosophie der TU Darmstadt sowie Lehrbeauftragter für Medienwissenschaften in Klagenfurt.
Lea Klasen: derzeit Masterstudium der Philosophie an der TU Darmstadt.
Marie-Christine Kajewski: 2010–2012 Fellow am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover; lehrt an der Universität Hannover.
Liza Mattutat: derzeit Masterstudium der Philosophie an der TU Darmstadt.
Oliver Marchart: Professor für Soziologie an der Kunstakademie Düsseldorf.
Andreas Oberprantacher: lehrt und forscht am Institut für Philosophie sowie am UNESCO Chair for Peace Studies der Universität Innsbruck.
Alice Pechriggl: Universitätsprofessorin für Philosophie an der Universität Klagenfurt und Gruppenpsychoanalytikerin in freier Praxis.
Hans Pühretmayer: lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.
Marc Rölli: Professor für Philosophie an der Fatih-Universität in Istanbul.
Felix Trautmann: derzeit Stipendiat am NFS Bildkritik (eikones) der Universität Basel.
Stefanie Wöhl:
derzeit Visiting Fellow in der Forschungsgruppe “Krise der amerikanischen Demokratie” am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin.

Konzeption und Organisation

Andreas Hetzel, Gerhard Unterthurner