Geht es um Fragen der Museumsethik, kreist die Debatte vor allem um den Umgang mit menschlichen Überresten oder Kulturgütern, die im Rahmen von Gewaltregimen unrechtmäßig angeeignet wurden. Genauso relevant ist aber die Frage, wie sensible Sammlungsbestände in Ausstellungen präsentiert
werden können. Vor dem Hintergrund der musealen Privilegierung des Blicks stehen die Kurator_innen vor dem Problem: Wie entkommen Museen dem Dilemma, zeigen zu müssen, worüber sie sprechen, ohne dabei den Gewaltakt in den Repräsentationen gleichsam zu wiederholen?
Im Rahmen der Tagung soll neben den evidenten Formen der Gewalt auch die von Museen ausgeübte epistemische Gewalt, die sich in hegemonialen Formen musealer Wissensproduktion manifestiert, zur Debatte stehen. Ethische Überlegungen setzen nicht erst bei der Unterwerfung von Körpern und der Aneignung von Objekten ein, sondern bereits bei den wissenschaftlichen und ideologischen Konzepten, auf denen die Institution Museum gründet und die die alltäglichen Museumspraktiken durchdringen.
In der Auseinandersetzung mit diesen Fragen geht es – dem angloamerikanischen Ansatz in der Museumsethik folgend – mehr um die Beförderung eines diskursiven, prozessorientierten Umgangs mit dem kulturellen Erbe als um die Entwicklung von Richtlinien und Handlungsanleitungen. Daher werden die Teilnehmer_innen der Tagung auch die Möglichkeit haben, im Rahmen eines “Museumslabors” konkrete ethische Fragestellungen zu diskutieren, die sich bei der Arbeit mit der Fotografischen Sammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde stellen.
Programm
Abstracts (PDF, 72kB, Stand 13.10.)
Freitag, 16.10.
- 9.00–9.30 Uhr: Matthias Beitl, Regina Wonisch: Begrüßung und Eröffnung
9.30–10.30 Uhr: Janet Marstine: Right, Wrong and the In-between: The New Museum Ethics
11.00–12.00 Uhr: Margit Berner, Anette Hoffmann, Britta Lange: Sensible Sammlungen. Wege aus dem Depot
12.00–13.00 Uhr: Barbara Plankensteiner: Ethische Herausforderungen in der ethnographischen Museumswelt
14.30–15.30 Uhr: Paul Basu: Collaborative Museology and the Ethnographic Archive: An Ethical Imperative
15.30–16.30 Uhr: Felicitas Heimann-Jelinek: Das Unerträgliche denken
17.00–19.00 Uhr: Museumslabor mit Herbert Justnik: Ethische Fragen im Umgang mit Fotografien in Sammlungen und Ausstellungen.
Samstag, 17.10.
- 10.00–11.00 Uhr: Karl-Josef Pazzini: Angst und Tod im Museum
11.00–12.00 Uhr: Liselotte Hermes Da Fonseca: Tote ausstellen? Vom Leben der Toten zwischen den Disziplinen - 13.30–14.30 Uhr: Estella Weiss-Krejci: “Die Repatriierungen menschlicher Überreste aus den Sammlungen Reischek und Pöch. Restitutionszeremonien im Vergleich”
- 14.30–15.30 Uhr: Tal Adler, Anna Szöke: Dead Images – An Arts-based Research on Sensitive Collections, Their Handling, Exhibiting and Negotiating
Vortragende
Tal Adler: Künstler und Fotograf, Mitarbeiter im FWF-Projekt “Conserved Memories – History Making in Austria Told in Stories and Pictures”, Wien.
Paul Basu: Professor of Anthropology and Cultural Heritage, University College London.
Matthias Beitl: Direktor des Österreichischen Museums für Volkskunde.
Margit Berner: Kuratorin der Abguss-Sammlung am Naturhistorischen Museum, Wien.
Liselotte Hermes da Fonseca: Lehrbeauftragte an den Universitäten Hamburg, Heidelberg, Halle, Paderborn und Lüneburg.
Felicitas Heimann-Jelinek: Universitätslektorin, freischaffende Kuratorin, Forscherin und Consultant für Museen bei xhibit.at.
Herbert Justnik: Kurator der Photosammlung im Österreichischen Museum für Volkskunde, Wien.
Britta Lange: Privatdozentin für Kulturgeschichte, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.
Janet Marstine: Academic Director of the School of Museum Studies, University of Leicester.
Karl-Josef Pazzini: Professor für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der ästhetischen Erziehung an der Universität Hamburg, Psychoanalytiker.
Barbara Plankensteiner: Leiterin der Abteilung für Afrikanische Kunst an der Yale University Art Gallery, New Haven.
Anna Szöke: Kuratorin, Mitarbeiterin im FWF-Projekt “Conserved Memories – History Making in Austria Told in Stories and Pictures”, Wien.
Aus organisatorischen Gründen wird um eine Anmeldung per E-Mail gebeten: iwk@iwk.ac.at
Konzept und Koordination
Regina Wonisch, Leiterin des Forschungszentrums für historische Minderheiten (FZHM), Mitarbeiterin des Instituts für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Eine Kooperation von: Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt-Graz-Wien, Forschungszentrum für historische Minderheiten (FZHM), Österreichisches Museum für Volkskunde, IWK