„… der weltanschauliche Kampf dient nach dem Kriege dem gleichen Ziele.“ Philosophen im „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ („Aktion Ritterbusch“ – 1940- 1945) – Spuren des Fortwirkens

Datum/Zeit
​Do 16/05/2019–​Fr 17/05/2019
Ganztägig

Ort
Karl-Franzens-Universität Graz

Typ
Vortrag

Ein Vortrag von Ilse Korotin, gehalten beim Symposion an der Universität Graz: Der „schwierige“ Umgang mit dem Nationalsozialismus. Die steirischen Universitäten im österreichischen Vergleich

Die weitere Vorträge des Symposions finden Sie hier: Broschuere_Programm_UNIS_NS_ZEIT_WEB

Ein Vortrag von Ilse Korotin„… der weltanschauliche Kampf dienst nach dem Kriege dem gleichen Ziele.“ Philosophen im „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ („Aktion Ritterbusch“ – 1940-
1945) – Spuren des Fortwirkens

Der Beitrag thematisiert den in der wissenschaftshistorischen Forschung als „Markstein“ interdisziplinärer Zusammenarbeit sowie als gelungenes Beispiel des Zusammenspiels von Wissenschaft und Politik anerkannten „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ („Aktion Ritterbusch“), welcher im Zeitraum 1940 bis 1945 – vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert – unter der Gesamtleitung des Rechtsphilosophen und Rektors der Kieler Christian-Albrechts-Universität, Paul Ritterbusch zur Planung und Durchführung kam. In Zusammenarbeit mit einer Reihe von geisteswissenschaftlichen Disziplinen wurden Arbeitskreise gegründet, Tagungen abgehalten sowie Publikationsreihen geplant und zum Teil auch realisiert. Für viele Geisteswissenschafter war dies eine einzigartige Chance, die gesellschaftspolitische Wichtigkeit ihres Faches unter Beweis zu stellen. Dementsprechend groß waren – jedenfalls zu Beginn der „Aktion“ – die Begeisterung und der Zulauf. Ausgehend von der Biografie des aus Graz stammenden und im Kontext der „Aktion Ritterbusch“ als Leiter der „Hauptgruppe Philosophie“ agierenden Philosophen Ferdinand Weinhandl soll – unter Anwendung der historischen Netzwerkanalyse – nach über 1945 hinaus wirkungsmächtigen Akteuren und deren informellen und institutionalisierten Netzwerken gefragt werden bzw. im Einzelnen den unterschiedlichen weiteren Karrieren der beteiligten Philosophen nachgegangen werden, handelt es sich dabei doch auch um einige für die philosophische Disziplin durchaus bestimmende Lehrende (wie etwa Erich Rothacker, dem Doktorvater von Jürgen Habermas, Nicolai Hartmann, Hermann Glockner oder auch Arnold Gehlen). Sie alle konnten nach 1945 ihre wissenschaftlichen Laufbahnen mit mehr oder weniger langen – durch Entnazifierungsverfahren, manchmal auch durch Internierungen erzwungene – Pausen in unterschiedlicher Intensität fortsetzen. Viele konnten auf den Fortbestand personeller Netzwerke vertrauen, die während der NS-Zeit geknüpft worden waren und nun oftmals bei der Entnazifizierung oder bei der Wiedereingliederung in den akademischen Bereich als so genannte „Persilschein“-Netzwerke“ genützt werden konnten. Selbst das im beschriebenen Kontext entstandene Schrifttum konnte oftmals wiederum einer Veröffentlichung zugeführt werden und so als Beleg ernsthaften Philosophierens „über die Zeit“ geltend gemacht werden.

Dr.in phil. ILSE KOROTIN , MA, Studium der Philosophie, Soziologie und Geschichte an der Universität Wien, Leiterin der IWK-Dokumentationsstelle Frauenforschung und des multimodularen Forschungs- und Dokumentationsprojekts biografiA. Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen am Institut für Wissenschaft und Kunst sowie der FrauenAG der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge). Herausgeberin der Reihe „biografiA. Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung“. Forschungsschwerpunkte: Frauenbiografieforschung, Philosophie und Nationalsozialismus, Wissenschaftsgeschichte. 2018 Abschluss eines Masterstudiums im Bereich der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Europaforschung/ Geschichte mit der Arbeit: „… eine neue geistige Ordnung Europas“. „Europadiskurse“ im Kontext des Nationalsozialismus.

Schwerpunkt: Der „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ („Aktion Ritterbusch“ − 1940- 1945). Publikation (Auswahl): Deutsche Philosophen aus der Sicht des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS – Schwerpunkt Österreich, in: Marion Heinz et al. (Hrsg.): Philosophie und Zeitgeist im Nationalsozialismus, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2006, S. 45–67.