Ein Bericht über die Festveranstaltung
Mit einem musikalischen Auftakt wurde die Jubiläumsfeier des Instituts für Wissenschaft und Kunst am 30. September 2022 im Stadtsenatssitzungssaal des Wiener Rathauses eröffnet. Erwachsenenbildnerin Angela Bergauer führte durch den Abend und spannte zu Beginn den Bogen des vor Ort vertonten „Rondo – Allegretto Op. 32/VII“ von Hanns Eisler zur Geschichte des Komponisten am 1946 gegründeten Institut.
Kunst- und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, die sich an diesem Abend im Namen des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig an die Festgäste wandte, betonte ihre eigene Verbundenheit zu den wissenschaftlichen Initiativen der Stadt und gratulierte dem Institut zu seinem 75-jährigen Bestehen. Johann Dvorak, Präsident des IWK, erinnerte in seinen einleitenden Ausführungen „Zukunft aus der Vergangenheit“ an die Gründungsversammlung und den damit einhergehenden Erwartungen und Hoffnungen an die Errichtung des wissenschaftlich ausgerichteten Instituts. Die Wiederauferstehung von Wissenschaft und Volksbildung, die durch die beiden Faschismen ausgemerzt worden waren, sollte das geistige Leben der Stadt bereichern.
Die unterschiedlichen wissenschaftlichen Schwerpunktsetzungen des IWK heute wurden exemplarisch von im IWK tätigen Persönlichkeiten geschildert. Friedrich Stadler, Universitätsprofessor für Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftsphilosophie und Gründer des Instituts Wiener Kreises, richtete bereits 1984 die Forschungsstelle Bildungsarbeit für wissenschaftliche Erwachsenenbildung am IWK ein. Der Historiker und Philosoph blickte mit Freude zurück, wie viele Initiativen, die in den 80er Jahren gesetzt wurden, auch heute noch erfolgreich umgesetzt werden. So wurden Exil- und Emigrationsforschung etabliert und Projekte wie Vertriebene Vernunft begonnen, auch das Institut Wiener Kreis existiere heute noch als universitäres Institut.
Elvira Zak, seit 2013 im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und als Lektorin im Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien tätig, ist Vizepräsidentin des IWK. Die Politologin beschrieb die Möglichkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs sich am IWK zu weiterzuentwickeln. Sie selbst kam als Studierende und Lektorin ans Institut und war bald regelmäßige Zuhörerin der Veranstaltungen am IWK. Von besonderem Interesse seien hier die Inhalte gewesen, die nicht an der Universität gelernt werden konnten und auf extracurriculare wissenschaftliche Initiativen reduziert waren.
Susanne Blumesberger, seit 2007 Mitarbeiterin der Universitätsbibliothek Wien, Lehrbeauftragte an der Universität Wien für Kinder- und Jugendliteratur und stellvertretende Vorsitzende des Vereins zur Förderung und Vernetzung frauenspezifischer Informations- und Dokumentationseinrichtungen in Österreich war von 1999 bis 2014 Mitarbeiterin des Projekts BiografiA am IWK. Sie erläuterte die weiterführenden Forschungen, die aus der Mitte des Instituts entstanden waren und welche Rolle das IWK als Anstoßgeber für universitäre Forschung spiele. Ihr Forschungsschwerpunkt auf Kinder- und Jugendliteratur in der NS-Zeit bilde eine Parallele bis ins Heute und auch die Arbeit an BiografiA wirke bis in die Gegenwart nach. Zentral sei dabei das Anliegen, die Biographien von Frauen in den Mittelpunkt zu rücken, die bisher nicht bekannt waren oder auch bewusst in den Hintergrund gedrängt worden waren.
Susanne Gmoser ist am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte tätig, ihr Forschungsschwerpunkt liegt bei Hans Kelsen und dem Austromarxismus. Sie ist Vorstandsmitglied des IWK und eine der treibenden Kräfte für die Digitalisierung am Institut. Gemeinsam mit Barbara Litsauer erstellte sie die historische Datenbank des IWK, mithilfe derer systematische Abfragen zur Geschichte des Instituts möglich sind. Der künstlerische Schwerpunkt, der bereits in der Namensgebung des IWK festgelegt sei, lässt sich auch anhand eines Blicks in Veranstaltungstätigkeit festmachen. Seit seiner Gründung veranstaltete das IWK etwa 2500 Vorträge, Workshops Seminare etc. mit einem explizit künstlerischen Bezug. Am Beispiel von Literatur sei die Entwicklung der künstlerischen Schwerpunktsetzung gut nachvollziehbar: Mit dem Anliegen des geistigen Wiederaufbaus gegründet, entwickelte sich der Schwerpunkt in den 50ern zur Arbeitsgemeinschaft Literaturwissenschaft und in den 60ern zum Studienkreis Literatur. Nach und nach änderten sich die Veranstaltungsformate in den 70ern und 80ern in offenere und breitere Varianten, die bis heute bestünden. Exemplarisch sei die damals wie heute vorhandene Auseinandersetzung mit Karl Kraus oder Bertolt Brecht zu nennen. Die literarische Moderne sollte einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Exilliteratur, feministische oder fremdsprachige Literatur spielen damals wie heute gewichtige Rollen.
Hans Schelkshorn, Universitätsprofessor, Philosoph und römischer Theologe ist seit 2016 Vorstand interkultureller Religionsphilosophie der Universität Wien und Mitbegründer von Polylog, der Zeitschrift für Interkulturelle Philosophie. Der Forschungsschwerpunkt Interkulturelles Philosophieren am IWK ermögliche es, die Philosophie entgegen eurozentristischer Sichtweisen auf alle Weltregionen zu erweitern. Das Institut habe hier die Beforschung und Auseinandersetzung gefördert, die so auf universitärer Ebene nicht möglich gewesen wäre. Heute existieren nun zwei universitäre Standorte zu interkultureller Philosophie – einer davon an der Universität Wien, der sich besonders durch dessen Kontinuität auszeichne.
Wolfgang Kellner ist Erwachsenenbildner und Bildungsforscher und war von 1991 bis 2022 für den Bereich Bildungs- und Projektmanagement am Ring Österreichischer Bildungswerke verantwortlich. Er ist Mitbegründer des Jour Fixe Bildungstheorie, der seit 2007 regelmäßig am IWK stattfindet. Der Jour Fixe zeichne sich durch einen hohen Anteil an interessierten Studierenden sowie Personen aus der Bildungsforschung und der Bildungspolitik aus. Bisher haben 124 Veranstaltungen zum Thema stattgefunden, die seit der Pandemie, nun online abgehalten, um einen bundesweiten Hörerkreis erweitert werden konnte.
Nach einem weiteren musikalischen Beitrag, dem Klavierstück 1920 von Theodor W. Adorno, erläuterte der Politikwissenschafter und Historiker Florian Wenninger in seinem Festvortrag das Spannungsfeld zwischen universitärer und außeruniversitärer Wissenschaft und Forschungsarbeit. Die Liquidierung der außeruniversitären Forschung und Lehre habe dessen Einordnung in einen engen Flaschenhals gezogen. Die Objektivierung der universitären Forschung habe neben ihren Vorteilen auch einen gesellschaftlichen Preis – die Entkoppelung von Gesellschaft und Wissenschaft. Nun stelle sich die Frage, ob sich dieser Preis rechtfertigen ließe. Um eine Ökonomisierung von Wissenschaft und Forschung zu vermeiden, gelte es, die Demokratisierung des Wissenschaftsbetriebs zu fördern.
Zum Abschluss präsentierte Pianist Mart Listabarth unter dem Zeichen der Nachwuchsförderung durch das IWK seine Eigenkomposition „Welcome to Kenner Road“. Beim darauffolgenden gemeinsamen Ausklang wurde weiter über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des IWK reflektiert und diskutiert.