Organisiert von Karin Harrasser und Drehli Robnik
für Kunstuniversität Linz und IWK/Institut für Wissenschaft und Kunst
Ort: Kunstuni Linz und Depot Wien
Programm
Kann Komisches anderes sein als Verlachen und Entlastung, als Karneval oder Kanal des Ausdrucks von Machtlosigkeit? Kann Komik ermächtigend und effektiv zersetzend wirken oder auch Unterschiede ausmachen – zumal dann, wenn sie in Waren- oder Dienstleistungsform dargeboten wird? Und wie geht Komik in Zeiten, in denen der Faschismus Fakten schafft und postfordistische Führungsformen das Genießen längst zur Arbeit gemacht haben (und vice versa)? Der Joke/r als Shift/er, das Timing des Witzes (und der Witz als Zeitung), das Alberne als Taktik des Einklammerns von Realitätszumutungen: Von Interesse sind ästhetische Strategien und mediale Formate, darunter zumal Filme, die eine Öffnungen in festgefahrenen Diskursen und Konfrontationen produzieren, ein Sprungbrett für eine Fluchtbewegung bilden, das Sprechen ins Schlingern bringen. Oder aber, flexibilitätskritisch, Versteifungen zelebrieren, den Zeitfluss verlangsamen, Erstarrungen auskosten – oder dort Setzungen vornehmen, wo sonst zuvieles offenb bliebe. Komik in diesem Sinn ist gleichermaßen körperlich und affektiv wie formbewusst und hassverliebt in Einrichtungen. Orientierungsmarken einer solchen, kritischen Komikauffassung gehen von Aufschub bis Zaniness; sie umfassen Nerdigkeit, Mimikry und Intervall, sowie Namen wie Judd Apatow, Judith Butler, Guy de Cointet, Gilles Deleuze, Will Ferrell, Sigmund Freud, Siegfried Kracauer, Sianne Ngai, Dolly Parton, Paolo Virno, Kristen Wiig und Tante Elfi.
mit Vorträgen von
Anna Bromley, Berlin
Daniel Eschkötter, Berlin
Michael Fesca, Berlin
Karin Harrasser, Linz
Drehli Robnik, Wien
Joachim Schätz, Wien
Tanja Widmann, Wien
Freitag 12. Mai
Beginn Kunstuniversität Linz 16h
16h Begrüßung
16.30 Ganz langsam, was wird hier andauernd auf den Punkt gebracht?
Michael Fesca (Berlin)
17.45 It`s all wrong, but it`s allright. Oder: Was ist Kritik, wenn sie an Dolly Parton entlang gedacht wird?
Anna Bromley (Berlin)
19.00 Odd jobs – Zany performances
Karin Harrasser (Linz)
20.15 Arbeit, Aufschub: Apatows Ökonomien & andere
Daniel Eschkötter (Dresden/Wien)
Samstag 13. Mai
Kunstuniversität Linz
10.30 Crowd-Unding und Clown-Crowning. KritiKomik, NonsenSetzung und Politiken der Gegenverwirklichung mit Kracauer, Deleuze, Ferrell und Tante Elfi
Drehli Robnik (Wien-Erdberg)
11.45 „We can’t legally ask you to lose weight.“ Kristen Wiig und komische Melancholie
Joachim Schätz (Wien)
13.00 Malerei und andere Witze unter Dingen
Tanja Widmann (Wien)
14.00 Ende
Moderation: Karin Harrasser, David Auer, Drehli Robnik
Samstag 13. Mai
depot, 1070 Wien
18.00 Begrüßung
18.30 It`s all wrong, but it`s allright. Oder: Was ist Kritik, wenn sie an Dolly Parton entlang gedacht wird?
Anna Bromley (Berlin)
19.30 Odd jobs – Zany performances
Karin Harrasser (Linz)
Sonntag 14. Mai
depot, 1070 Wien
10.30 Ganz langsam, was wird hier andauernd auf den Punkt gebracht?
Michael Fesca (Berlin)
11.45 „We can’t legally ask you to lose weight.“ Kristen Wiig und komische Melancholie
Joachim Schätz (Wien)
13.00 Crowd-Unding und Clown-Crowning. KritiKomik, NonsenSetzung und Politiken der Gegenverwirklichung mit Kracauer, Deleuze, Ferrell und Tante Elfi
Drehli Robnik (Wien-Erdberg)
15.30 Arbeit, Aufschub: Apatows Ökonomien & andere
Daniel Eschkötter (Dresden/Wien)
16.30 Malerei und andere Witze unter Dingen
Tanja Widmann (Wien)
17.30 Ende
Moderation: Karin Harrasser, Sulgi Lie, Drehli Robnik
ABSTRACTS UND KURZBIOS DER VORTRAGENDEN
It`s all wrong, but it`s allright.
Oder: Was ist Kritik, wenn sie an Dolly Parton entlang gedacht wird?
Anna Bromley
Inwiefern ist die Country-Persona der Dolly Parton herausragend zany? Wenngleich Dolly Partons affizierende Inszenierungen einen ästhetischen Fundus anbieten, den viele Dragqueens nutzen: Für campiness fehlt der Parton-Persona das Urban-Aufgeklärte. Vielmehr bringt sie sich aus Zuschreibungen an hinterwäldlerische Mentalitäten hervor, sie zeigt sich in und mit blonden Lockenmähnen-Perücken, Kollagen-Rundungen, Apfelbrustimplantaten. Ihr Altern inszeniert sie zunehmend überdrehter: in Strass, selbstironischen Gags, Dollywood-Gimmicks und stets die Erinnerung an die Sexarbeiterin erzählend, die in einer ländlichen Region der USA der 1950er Jahre ihre Faszination für Heels, blonde Locken und enge Röcke befeuerte. Welche Artikulationsräume eröffnen sich hier für kritische Praktiken, die anerkennen, dass die Subjektivierung ihrer Protagonist*innen in ein „Gewebe unmerkbar affizierender Geschehnisse eingelassen ist, die sie mitmodellieren und konditionieren, unter Umständen mithervorbringen“ (Ott: 2015)?
Anna Bromley entwickelt Ausstellungen, Installationen, Performances, Texte, Radiogespräche und -stücke, die sich mit Überflutungen, Brüchen und Aussetzern in/ von repräsentativen Rede- und Sprechweisen beschäftigen. Zuletzt: Dreams & Dramas, Law as Literature (nGbK Berlin: 2017, mit u.a. Agnieszka Kilian, Jaro Varga), Redemption Jokes (nGbK Berlin: 2015, mit u.a. Michael Fesca, Suza Husse), FXPO! (Fondazione Forma Milano: 2015, mit M. Fesca und EXPOSED), Therapeutische Allianzen (Kampnagel Hamburg: 2014, mit M. Fesca).
Arbeit, Aufschub: Apatows Ökonomien & andere
Daniel Eschkötter
Komödien, ro- und bromantische zumal, sind oft ökonomische fairy tales. Wie für die Screwballkomödien der 30er und 40er Jahre gilt das auch für die Komödienfilme und -serien aus der Judd-Apatow-Stock- und Diskurs-Company der Bush- und frühen Obama-Jahre. Die Filme des Zusammenhangs „Apatow“ handeln von und mit ewiger Adoleszenz, endlosen Aufschüben, ereignisfreien Alltagen, Blockaden von Arbeits- und libidinöser Energie. Sie interessieren sich vordergründig für Bindungsgeschehen, nicht Gesellschaft, Biographieinventarisierung, nicht Geschichte. Aber es lassen sich Umschläge beobachten. Welchen Regeln folgt die Romance in Zeiten der Rezession? Und was (de-)reguliert sie selbst? Was kommt nach dem Age of Apatow? Vielleicht lässt sich der Komplex „Apatow“, von heute betrachtet, auch einfach als ein großes kompensatorisches Bindungs- und Freisetzungsprojekt beschreiben, in dem die neue „revenge of the nerds“ aus- und 4chan leer bleibt.
Daniel Eschkötter ist Medienwissenschaftler. Im Sommersemester Mitarbeiter in der ERC-Forschergruppe „The Principle of Disruption“ an der TU Dresden und Dozent am t/f/m der Uni Wien. Mitglied der Redaktion der Zeitschrift für Medienwissenschaft (ZfM). Derzeitige Forschungsinteressen: kinematographische Spektrologien, Politiken des Prozeduralen, cinematic justice, Re-education als Kinokomplex, Drunk History und amerikanische Komödien.
Aktuelle Publikationen zum Workshopthema: Amerikanische Komödie. Kino | Fernsehen | Web, gemeinsam mit Lukas Foerster, Nikolaus Perneczky, Simon Rothöhler und Joachim Schätz (Berlin: Kadmos 2016). „Landmarks. Über Louis C.K.s horace and pete’s“, in CARGO Film/Medien/Kultur, Nr. 32 (2016).
Ganz langsam, was wird hier andauernd auf den Punkt gebracht?
Michael Fesca
Viel zu schnell! Vor den leicht zu lesende Affekten flüchten wir uns in die Latenz – Ereignisse und unterschwellige Stimmungen, mögen sich bitte zaudernd verweigern. Trödeln sie oder haben sie schlecht geübt; das könnten wir uns albern fragen. Oder ist da gar nichts? Wir können nicht wissen, warum eine Reaktion ausbleibt. Ist es schlicht nicht der richtige Zeitpunkt? Je länger dieses Intervall dauert, desto mehr entsteht der Druck zur Auflösung. Hier kann ein erlösendes Lachen folgen. Bringt das etwas auf den Punkt, weil uns in unserer Ungeduld danach ist? Wir können folgen oder auch nicht, aber Pointen sollten im Gegenüber zünden, uns unerwartet treffen, ungefragt eine weitere Stimme auf den Plan rufen.
Der Beitrag folgt dem Rhythmus komischer Situationen, deren kritisches Potential uns oft aus der Hand gleitet. Ohne den gewohnte Abstand schlittern wir in Pointen. Von der effekthascherischen Unmittelbarkeit der Gimmicks (Ngai), der urkomischen Latenz eines noch nicht erfolgten Witzes der Lachszene in Lubitschs Ninotschka, bis hin zur Dauer komischer Personas: Lässt sich das Komische in die Länge ziehen oder muss es in einem Stakkato 25fps gefüttert werden, bis es flüssig läuft? Und ist es dann Anästhesie anstatt Kritik?
Michael Fesca erarbeitet Installationen, Performances, Texte und Ausstellungen zu anti-hegemonialen Zeitlichkeiten und ihren somatischen Dimensionen. Dabei untersucht er Phänomene des Cool-Inflationären, des Aus-dem-Takt-Kommens und des (Zu-)Lange-Brauchens. Kuratorische Arbeiten: Redemption Jokes (nGbK Berlin: 2015, m. u.a. A. Bromley, S. Husse), FXPO! (Fondazione Forma Milano: 2015, m. A. Bromley und EXPOSED), Therapeutische Allianzen (Kampnagel Hamburg: 2014, m. A. Bromley), Die Irregulären – Ökonomien des Abweichens (nGbK Berlin 2013, m. u.a. A. Bromley, E. Sengezer, O. v. Schubert).
Odd jobs – Zany performances
Karin Harrasser
Ngai Sianne hat die Figur des Zanni, den proletarisch-bäuerlichen Diener aus der commedia dell’arte, der das Beziehungsgeflecht animiert und gleichzeitig in seiner Mimikry Herrschaft vorführt, als eine hoffnungsvolle Figur postfordistischer Ästhetik identifiziert. Anders als in der frühneuzeitlichen Version sei aber zanyness aktuell weiblich codiert: eine kunstfertige Überperformance von affektiver Arbeit, von Flexibilität, die sich bis zur Unkenntlichkeit verformt, ein Schauspiel in dem aus- und vorgeführt wird, wie riskant Adaptivität und Kommunikation sind, wenn sie auf ein ihrerseits „performatives“ Arbeitsumfeld treffen; auf eine Struktur, die sich die Affekte der Arbeitenden produktiv einverleibt. Zanyness ist zudem eine Darstellung des schmerzvollen Umkippens von Spaß als sozialem Kitt in einsame Unfunnyness: ein kleiner Interpretationsfehler, eine etwas überzogene Reaktion genügt, und das gemeinsame Lachen wird zur Quälerei. In einem Bogen von Nine to Five, einem Office-Höllen-Film mit Dolly Parton und Jane Fonda von 1980, zur Serie Dead Like Me (2002-2003), in der eine ebenso junge wie tote Angestellte erste Arbeitserfahrungen in einer Zeitarbeitsfirma sammelt, kontrastiert der Vortrag zany performance mit Figuren und Räumen der Erstarrung, des Wartens, des Stillstands. Ziel ist die Entwicklung von Zutaten einer Choreographie des Bürokratischen, die dem Risiko der Beschämung, Entwertung und Entrechtung postdisziplinärer Strukturen nicht nur kritisch begegnen kann, sondern Vorübungen für Praktiken der Solidarität entwirft.
Karin Harrasser, Professorin für Kulturwissenschaft an der Kunstuniversität Linz. Nach einem Studium der Geschichte und der Germanistik promovierte sie 2005 an der Universität Wien mit einer Dissertation zu »Computerhystorien. Erzählungen der digitalen Kulturen um 1984«. 2014 Habilitation an der Humboldt-Universität zu Berlin über »Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne«. Zu den Forschungsschwerpunkten von Karin Harrasser zählen: Körper-, Selbst- und Medientechniken, Prozesse der Verzeitlichung, Theorien des Subjekts / der Objekte, Populärkultur / Science-Fiction, Geschlecht und agency, Genres und Methoden der Kulturwissenschaft.
Neben ihren wissenschaftlichen Tätigkeiten war Karin Harrasser an verschiedenen kuratorischen Projekten beteiligt, u.a. Die Untoten: Life Sciences & Pulp Fiction bei Kampnagel Hamburg, Lures of Speculation am TQ Wien. Gemeinsam mit Elisabeth Timm gibt Karin Harrasser die Zeitschrift für Kulturwissenschaften heraus.
Publikationen: Prothesen. Figuren einer lädierten Moderne. Vorwerk8, Berlin 2016; Körper 2.0. Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen. Transcript, Bielefeld 2013; mit Katja Rothe (Hg.): Diätetiken des Schreibens. Rezepturen und Übungen. Mitterverlag, Wels 2015; “Abstraktion zum Konkreten. Siegfried Kracauers Geschichtsbuch als Anleitung zum stolpernden Gang zu den Dingen”, in: Drehli Robnik, Amália Kerekes, Katalin Teller (Hg.): Film als Loch in der Wand. Kino und Geschichte bei Siegfried Kracauer, Wien (Turia + Kant) 2013, S. 128-145.
Crowd-Unding und Clown-Crowning. KritiKomik, NonsenSetzung und Politiken der Gegenverwirklichung mit Kracauer, Deleuze, Ferrell und Tante Elfi
Drehli Robnik
Ich will Facetten kritischer Filmkomik theoretisch konturieren – auf Abstand zu vitalistischen Komik-Konzepten (Auslachen als Ordnungsruf zur Lebensoptimierung bzw. Komik, die unverwüstliches Leben feiert). Dieser Abstand markiert einen Platz, den Komik in Deleuzes Logik von Sinn und Nonsense einnimmt. Aus der Frage nach Humor als Praxis der Wirkungen und nach Politiken, durch die sich unvorhergesehene Effekte von sozialer Kausalität absetzen, ergibt sich (nah an der Figur des Clowns) das Label Gegenverwirklichung: Diese hält Abstand zu realisierten Form-Maßen und Obergrenzen der Sozialoptimierung (heute: völkische Wellness) – aber auch zu Subversionsgesten, die Formung und Setzung kategorisch verwerfen.
Kritik als NonsenSetzung: Das lässt sich akzentuieren mit Kracauer, der seinerzeit eineinhalb Faschisierungsprozesse im Kino schreibend mitgemacht hat (Nazi-Deutschland; US-McCarthyismus). In Kracauers Polit-Soziologie am Leitfaden des Films heißt Kritik: Desavouieren einer Ordnung, der du angehörst; Film-Gags als “Märchenwaffe der Schwachen”; messyanisches Aufblitzen entscheidender (kritischer) Unterschiede im Betrieb. Seine Essays zu Clowns und zu Chaplin implizieren eine Nichterfüllungspolitik in Spannung mit strittiger Einrichtung von Macht-Wirklichkeit, die den Regimes der Tuns-Befähigung und Aufenthalts-Befugnis ein Terrain abtrotzt: Masse als Unding/Ungrund.
In dieser hegemoniedemokratisch verdrehten Sicht sollen Greatness und Grenzen der Kritik und Gegen(macht)verwirklichung in heutiger Filmkomik andiskutiert werden: bei Will Ferrell (Stepbrothers, Casa de mi Padre, Get Hard) und in der One-Woman-Schrulle Tante Elfi bastelt: Der Kolibri (Lia Juresch, 2012).
Drehli Robnik ist Theoretiker in Sachen Film und Politik, Essayist, Gelegenheitskritiker und Edutainer. Sein Doktorat stammt von der Universität Amsterdam (2007). Er ist Autor bzw. Mit-Herausgeber von Bänden zu Kracauer und Rancière, Kriegs- und Historienfilm, Stauffenberg und Cronenberg. Herausgeber der Film-Schriften von Siegfried Mattl (2016). Jüngste Monografien: Kontrollhorrorkino: Gegenwartsfilme zum prekären Regieren (2015) und DemoKRACy: Siegfried Kracauers Politik*Film*Theorie (erscheint 2017). Er “lebt” in Wien-Erdberg & ist in Teilen lesbar unter https://independent.academia.edu/DrehliRobnik.
„We can’t legally ask you to lose weight.“
Kristen Wiig und komische Melancholie
Joachim Schätz
Annie verdaut einen Bankrott (Bridesmaids); Kelly wartet am Münztelefon auf einen Anruf aus Mexiko (Masterminds); Suzy schläft aus Frust mit dem minderjährigen Poolreiniger (Extract). Stilles Leiden ist in der US-Gegenwartskomödie die Domäne von Kristen Wiig. Statt auf befreiende Ausbrüche setzt die Schauspielerin und Sketchkomikerin auf das Anschwellen körpersprachlicher Störsignale, in denen Versagung, Zerknirschung oder Missgunst Raum greifen. Die Nähe von Wiigs Komik zur Affektpolitik des Melodramas nehmen einige Meta-Melos (A Deadly Adoption, Nasty Baby) pointiert auf.
Wie bei Freud, Benjamin und Butler ist bei Kristen Wiig Melancholie keine Privatsache des Ich, sondern seine Wendung ins Soziale: In ihr bewahren sich verlorene Kämpfe, die unbetrauert in den Untergrund gegangen sind. In ihrem Spiel uns seinen Inszenierungen rumort es gegen corporate speak und Verpartnerungskonsumkultur, gegen Platzzuweisungen im Flugzeug, im Vorstadthaus und der Brooklyner Bohème-Nachbarschaft.
Joachim Schätz ist Filmwissenschaftler in Wien. Er war 2006-2013 Filmkritiker beim Falter und hat geforscht in Projekten zum österreichischen Industrie- und Werbefilm (Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Universität Wien) und zum Reisefilmer Colin Ross (Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Gesellschaft). Forschungsschwerpunkte sind Gebrauchsfilm, Konzepte des Details und Politiken der Komödie.
Aktuelle Publikation: Amerikanische Komödie. Kino | Fernsehen | Web, gemeinsam mit Daniel Eschkötter, Lukas Foerster, Nikolaus Perneczky und Simon Rothöhler (Berlin: Kadmos 2016).
Malerei und andere Witze unter Dingen
Tanja Widmann
Der Witz vermag, so sagt es Sigmund Freud aber auch Paolo Virno, eine Krise der Bedeutungsproduktion selbst vorzuführen, indem er die Anwendung von der Norm trennt, Unzusammengehöriges verbindet, Inkohärenzen einführt, irrige Formen der Argumentation aufgreift. Im Witz wird letztlich Bedeutung gestiftet während sie unterlaufen wird. Diese Behauptung werde ich mir entlang einiger Formgebungen ansehen, die der Künstler Guy de Cointet in seinem Performancestück Tell Me (1979) vorschlägt. Der Witz hat in diesem Stück nicht nur die Erzählung und den Text, sondern auch die Seinsweisen der Dinge erfasst – Mary, Olive oder Michael, Malerei, Tisch, Hammer oder Sessel. Im Verlauf des Stücks eröffnet der Witz nicht nur die Möglichkeit, die Klassifizierung von menschlichen und nicht-menschlichen Dingen zu befragen, sondern das Regelwerk und die Normen der Kunst selbst aufzuführen und zugleich auszuhebeln. Doch wie genau operiert der Witz in und an den Dingen, in und an der Kunst? Und inwiefern zeichnen sich darin (post)kritische Verfahrensweisen ab?
Tanja Widmann arbeitet als Künstlerin, Autorin und Senior Lecturer an der Universität für angewandte Kunst Wien. Kürzlich: Postapokalyptischer Realismus. Co-produziert mit Tonio Kröner. Museum Brandhorst, München (D). Postapokalyptische Selbstreflexion. Workshop. Co-produziert mit Barbara Reisinger, Universität für angewandte Kunst Wien/ Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien (A). Putting Rehearsals to the Test. Kuratiert von Sabeth Buchmann, Ilse Lafer, Constanze Ruhm. Vox, Montreal (Can).